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Gründung eines Lohnunternehmens

Brutto ist nicht gleich Netto und Umsatz nicht gleich Gewinn!

Lohnunternehmen sind technische Dienstleistungsbetriebe im ländlichen Raum. Die Kunden aus der Land- und Forstwirtschaft, aus kommunalen, gewerblichen und privaten Bereichen erwarten bei der Auftragserledigung moderne, einsatzsichere Maschinen, qualifiziertes Personal und viel Knowhow.

Kein Problem, denken viele, insbesondere die begeisterten Landtechnikfans, wenn es zumindest gedanklich um die Gründung eines Lohnunternehmens geht. Aber hinter der bunten Welt der Landtechnikvideos und –broschüren steckt ein vergleichsweise anspruchsvolles Business, das neben den technischen und fachlichen Voraussetzungen vor allem Betriebsleitungsqualitäten einfordert.

Unbestritten geht von der modernen Landtechnik eine große Faszination aus. Leistungsstarke Schlepper sowie ausgereifte Maschinen für die Flächenbewirtschaftung, für die Düngung, Ernte und Transport sind leistungsfähig und präzise, aber auch kostenintensiv. Entsprechend kann ein ganzjähriger Arbeitsplatz in einem modernen Lohnunternehmen Investitionen zwischen 500.000 € und 1.000.000 € auslösen. Fehlentscheidungen in der Betriebsplanung können also „jede Menge Geld kosten“ und nachhaltig das Berufs- und Privatleben beeinflussen.

Der BLU steht mit seinem Beratungsteam auch Unternehmensgründern für ein erstes Gespräch zur Verfügung. Gegebenenfalls kann auch der Kontakt zu bestehenden Unternehmen hergestellt werden, die einen Betriebsnachfolger suchen.

Diese kurze Übersicht bietet eine Basisinformation für Interessenten, die die Gründung eines Lohnunternehmens planen.




Die Branche Lohnunternehmen erzielt etwa 70 % ihres Jahresumsatzes in der Land- und Forstwirtschaft. 30% der Umsätze werden insbesondere bei kommunalen Tätigkeiten, aber auch bei Arbeiten für gewerbliche und private Auftraggeber erwirtschaftet.

Agrar

Die Agrarwirtschaft ist gut bis sehr gut mit Landtechnik versorgt. Mehr als 3.000 Lohnunternehmen bieten ihre Dienstleistungen als Ergänzung, aber auch als Alternative zur Eigenmechanisierung der Landwirtschaft an. Die Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe von derzeit etwa 280.000 nimmt jährlich um etwa 2% ab. Die meisten Betriebe fallen dem Strukturwandel zum Opfer, werden also aus Altersgründen aufgegeben. Starke Preis- und Mengenschwankungen auf den Agrarmärkten (Volatilität) können aber auch den „wirtschaftlichen KO“ eines Landwirts auslösen. Darüber hinaus verliert die Landwirtschaft täglich deutlich über 60 ha wertvolle Wirtschaftsfläche – anders formuliert werden in einer Woche zwei Mähdrescher oder ein Feldhäcksler „arbeitslos“!
Der Biogasboom hat vor einigen Jahren einen erheblichen Umsatzschub für Lohnunternehmen ausgelöst. Lohnunternehmen führen vorrangig die Arbeiten zur Ver- und Entsorgung der bundesweit etwa 8.000 Biogasanlagen aus. Das Erneuerbare Energiegesetz (EEG) beinhaltet eine feste Subventionierung der erzeugten Energie, aber auch eine zeitliche Befristung der Förderung aus öffentlichen Mitteln. Experten gehen momentan von einer abnehmenden Zahl von Biogasanlagen aus, weil nicht alle Anlagen heute und in Zukunft mit und ohne Subventionen wirtschaftlich betrieben werden können.
Landwirtschaftliche Dienstleistungen sind also ein heißumkämpfter Markt mit viel Wettbewerb und ernstzunehmenden Risiken!

Kommunal

Im Kommunalen Bereich sind die Rahmenbedingungen mit dem Agrarsektor vergleichbar. Auch hier haben die Städte und Gemeinden durchaus das Interesse, die eigenen Kapazitäten an Personal und Technik bestmöglich auszulasten. Das bedeutet aber nicht nur Risiko, sondern eröffnet auch Chancen für Lohnunternehmen, insbesondere für die Betriebe, die sich speziellen Aufgaben in der Pflege und Unterhaltung kommunaler Flächen und Einrichtungen zuwenden. Dabei kann der Anteil manueller Arbeiten stärker hervortreten.
Winterdienst erfordert eine vertraglich festgeschriebene Bereitstellungspauschale und ein auskömmliches Leistungsentgelt. Eine ständige Verfügbarkeit während der kalten Jahreszeit ist selbstverständlich. Demgegenüber können die meisten anderen kommunalen Dienstleistungen in der Regel während der gesetzlich vorgeschriebenen werktäglichen Arbeitszeiten ausgeführt werden.

Gewerbe / Privat

Die Aufträge für gewerbliche bzw. private Kunden können „ein interessantes Zubrot“ für Lohnunternehmen sein, wenn diese mit ohnehin vorhandenen Maschinen idealerweise in den Zeiten außerhalb der landwirtschaftlichen Arbeitsspitzen ausgeführt werden können. Eine kontinuierliche Auslastung von Personal und Technik ist eher selten, aber durchaus anzutreffen.
Der Wettbewerb zwischen Lohnunternehmen und der Eigenmechanisierung der Kunden führt unweigerlich zu einem Selektionsprozess bzw. einer Marktbereinigung, der nur den ertragsstärkeren Betrieben eine Chance lässt. Vor jeder Investition ist in jedem Fall eine präzise Einschätzung des Marktes durchzuführen.

Eine wichtige Bezugsgröße bei der Prüfung von Wirtschaftlichkeit stellt der Umsatz (Betriebseinnahmen) dar. Lohnunternehmen sind Gewerbebetriebe und demzufolge sind Umsatz- und Vorsteuer regelmäßig mit dem Finanzamt abzurechnen. Aus dem verbliebenen Nettoumsatz müssen die Kosten für die Maschinen (Abschreibung, Zinsen, Versicherung, Reparaturen, Energie), das Personal (Löhne und Gehälter, Sozialversicherungen) und die Geschäftskosten für den Betrieb (Gebäude, Büro, Geschäftsleitung, Beratung) beglichen werden. Die Geschäftskosten sind nicht zu unterschätzen: allein die zwingend vorgeschriebene Buchführung und Steuerberatung sowie der betrieblich genutzte PKW kosten schnell mehrere tausend Euro im Jahr. Auch ein kleines Büro mit Minimalausstattung (Telefon, PC mit Internetzugang, Drucker, etc.) und Verbrauchsmaterial (Papier, Porto, usw.) verursacht spürbaren finanziellen Aufwand.

Außerdem ist ein praxisnaher Ansatz für das Betriebsrisiko einzubeziehen, denn Reklamationen für tatsächlich oder angeblich nicht sachgerecht ausgeführte Arbeiten und Zahlungsausfälle von insolventen Kunden gehören zum LU-Alltag. Bei einer korrekten Berücksichtigung aller Kosten bleibt oftmals eine Unternehmensrendite von 5 – 10 % übrig. Dieser Gewinn ist relativ gering, aber in der Regel stabil und dient der Bildung von Eigenkapital und damit dem betrieblichen Wachstum.
Maschinenkosten                                                                        45 - 55 %
Energie, Reparaturen, Abschreibung (Wertverlust), Zinsen
Personalkosten (inkl. Betriebsleiter)                                          20 - 30 %
Löhne u. Gehälter, Sozialversicherung
Geschäftskosten                                                                          10 - 20 %
Geschäftsausstattung, Telefon, Buchführung, Steuerberatung, etc.
Summe                                                                                          90 - 95 %

In einem konkreten Beispiel kann die Rechnung wie folgt aussehen:

Ein Neueinsteiger erwirbt einen gebrauchten Mähdrescher zum Preis von 180.000 €. Dieser wird auf 250 ha jährlich in der Raps und Getreideernte eingesetzt. Die Maschinen-, Personal- und Geschäftskosten addieren sich auf 135 €/ha. Der Arbeitspreis (Umsatz) für den Lohndrusch beträgt 145 € zuzügl. Umsatzsteuer. Entsprechend bleiben in diesem realistischen Beispiel dem Unternehmer 10 € pro Hektar Druschfläche und jährlich etwa 2.500 € aus dem gesamten Lohndrusch. Wenn der Unternehmer selbst auf dem Mähdrescher sitzt, kann sich darüber hinaus die Personalkosten zuschreiben, die mit weiteren 2.500 € in der Kampagne zu kalkulieren sind. Allerdings muss aus diesem Betrag der Zeitaufwand für das Dreschen selbst, für die An- und Abfahrt zum Kunden, für die Vor- und Nachbereitung der Maschine und für die organisatorische Abwicklung (Disposition, Rechnungslegung, etc.) berücksichtigt werden, die sich insgesamt leicht auf 250 Stunden in der Kampagne addieren. Daraus ergibt sich für die eingesetzte Arbeit eine Entlohnung von 20 € / h, aus der die Lasten für Sozialversicherung und Finanzamt zu tragen sind.
Mindestumsatz für eine Arbeitskraft in Vollzeit                               180.000 € / a
Jährlicher Mindestumsatz bei Investition in Landtechnik in Prozent der Investitionssumme
  • Mähdrescher                                                                     20 - 25 %
  • Feldhäcksler                                                                      30 – 35 %
  • Gülleselbstfahrer                                                                30 – 35 %
  • Schlepper                                                                          25 - 30 %
  • Güllewagen (Schleppschlauch)                                            15 – 20 %
  • Transportanhänger (Kratzboden)                                          15 – 20 %
Die Gründung eines Lohnunternehmens geht vergleichsweise einfach von statten. Die Anmeldung erfolgt beim Gewerbeamt der Gemeinde unter Benennung des Gewerbezwecks. Nach Erhalt der betrieblichen Steuernummer wird ein regelmäßiger Kontakt mit dem Finanzamt ausgelöst: monats- oder quartalsweise Umsatzsteuermeldungen, Steuerliche Abschlüsse für das Wirtschaftsjahr sowie die nachfolgende Entrichtung der Steuerlast (Gewerbesteuer, Einkommenssteuer, usw.) sind notwendig.
Formelle Barrieren für Lohnunternehmen bestehen im Sinne einer „guten landwirtschaftlichen Praxis“ durch Sachkundenachweise im Pflanzenbau (Pflanzenschutz) oder Qualitätssicherungs- und Zertifizierungssystem (z.B. GlobalGAP für die Landwirtschaft). Diese Systeme haben bei forstwirtschaftlichen Dienstleistungen eine weitere Verbreitung (PEFC, FSC) und werden demzufolge regelmäßig auch von den privaten und öffentlichen Forstbesitzern von den Auftragnehmern gefordert.

Darüber stellt besonders der Marktzugang zum gewerblichen Gütertransport über das Güterkraftverkehrsgesetz eine erhebliche betriebliche und finanzielle Hürde dar. Die Fahrerlaubnis der Klasse CE, MAUT-Verpflichtungen sowie Qualitätsmanagementsystem für die Agrarlogistik (GMP) sind hierbei ebenfalls zu beachten.

Grundsätzlich ist dringend anzuraten, dass Betriebsgründer eine einschlägige Ausbildung haben oder über mehrjährige Erfahrung im Bereich Dienstleistungen verfügen: Lohnunternehmen ist nur etwas für Profis und finanzielle Rücklagen sind schnell aufgebraucht. Chancen und Perspektiven sind immer vorhanden, müssen aber akribisch herausgearbeitet werden.

Typische Fehler bei der Unternehmensgründung
  • Zu euphorische Umsatzentwicklung
  • Fehlerhafte Kalkulation der Betriebskosten und entsprechend zu geringe Arbeitspreise
  • Keine sachgerechte Berücksichtigung des Wertverlustes der Maschinen (Abschreibung)
  • Keine angemessene Bewertung der eigenen Arbeitskraft und der genutzten Betriebsgebäude
  • Finanzierung mit einem oder mehreren tilgungsfreien Jahren: Was in den ersten Jahren „gespart“ wird, muss in den folgenden Jahren „drauf gelegt“ bzw. zusätzlich erwirtschaftet werden.
  • Zu geringe Arbeitspreise = zu geringer Umsatz = mittelfristig kein Gewinn!