09.04.2024

Aktueller Sachstand zur „Handwerkerregelung“ bei der Maut

Rechtliche Ausgangslage:
Ab dem 1. Juli 2024 wird die Grenze der Mautpflicht für gewerblichen Güterkraftverkehr auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen von derzeit „ab 7,5 t technisch zulässiger Gesamtmasse (tzGm)“ (= keine Mautpflicht bis 7,49 t tzGm) auf „mehr als 3,5 t tzGm“ (= keine Mautpflicht bis einschließlich 3,5 t tzGm) gesenkt.
 
Bei der Prüfung, ob die Mautpflicht besteht, ist dabei allein auf die tzGm des (Motor-) Zugfahrzeuges abzustellen. Erst, wenn diese 7,5 t (aktuell) bzw. mehr als 3,5 t (ab dem 1. Juli 2024) beträgt, entsteht die Mautpflicht.
 
Ist das der Fall, so werden bei der Verwendung von Anhängern / Fahrzeugkombinationen dann die tzGm aller (Einzel-) Fahrzeuge zur Bestimmung der konkreten Höhe der Maut zusammengerechnet.
 
„Neue Handwerkerregelung“:
Nunmehr wurde auch eine „neue Handwerkerregelung“ in § 1 Absatz 2 Nr. 10 Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) normiert, die ab dem 1. Juli 2024 gilt und wie folgt lautet:
 
10. Fahrzeuge (…) mit einer tzGm von weniger als 7,5 t, die zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen, die der Fahrer zur Ausübung seines Handwerks oder seines mit dem Handwerk vergleichbaren Berufs benötigt, oder zur Auslieferung von handwerklich hergestellten Gütern, wenn die Beförderung nicht gewerblich erfolgt, benutzt werden.
 
Aktueller Sachstand:
Sowohl das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM, früher BAG) als auch Toll Collect legen die „neue Handwerkerregelung“ unter Verweis auf die Gesetzesbegründung dahingehend aus, dass diese nur von nach der Handwerksordnung (HwO) zulassungspflichtigen Handwerksbetrieben oder einem mit dem Handwerk im Sinne der HwO vergleichbaren Gewerbe in Anspruch genommen werden darf.
 
Auf Lohnunternehmer mit ihrer Eigenschaft als Gewerbebetriebe trifft dies (direkt) nicht zu, was im Übrigen auch für alle anderen Gewerbearten oder den Bereich der Land- und Forstwirtschaft gilt.
 
Nur, wenn Lohnunternehmer eine Dienstleistung durchführen, die ein Handwerk im Sinne der HwO betrifft, käme nach dieser Auslegung die Anwendung der „neuen Handwerkerregelung“ für Lohnunternehmer überhaupt in Betracht.
 
Gegen diese stark einschränkende Auslegung der „neuen Handwerkerregelung“ ist der BLU bereits politisch aktiv geworden – bislang erfolglos – da gewichtige Gründe gegen diese Auslegung sprechen:
 
  • Die beschriebene Auslegung stellt eindeutig eine staatliche Ungleichbehandlung von Handwerk und Gewerbe dar, ohne dass dafür ein sachlicher Grund besteht. Auch wurde nie ein solcher Sachgrund an- oder inhaltlich ausgeführt.                                                                                                                                            Insofern stellt die einschränkende Auslegung / Fassung der „neuen Handwerkerregelung“ einen Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes dar und ist demnach verfassungswidrig.
  • Zudem widerspricht die einschränkende Auslegung / Fassung der „neuen Handwerkerregelung“ der zugrundeliegenden EU-Richtlinie und verstößt damit gegen höherrangiges EU-Recht.
  • Des Weiteren widerspricht die Auslegung / Fassung den im Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (BKrFQG) und in der Fahrpersonalverordnung (FPersV) bereits bestehenden „Handwerkerregelungen“.                                                                                                                                                                                                        Danach sind ohne eine Bezugnahme auf eine bestimmte Berufsgruppe generell Kraftfahrzeuge / Fahrzeuge ausgenommen, die zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen verwendet werden, die der Fahrer zur Berufsausübung verwendet / benötigt.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Sogar der Zentralverband des deutschen Handwerks – immerhin bislang allein begünstigt von der „neuen Handwerkerregelung“ im BFStrMG – spricht sich daher gegen die „neue Handwerkerregelung“ aus, da die uneinheitliche Fassung der Ausnahmen in den genannten verschiedenen Gesetzen nicht nur zur Unübersichtlichkeit, sondern auch zu erheblich mehr Bürokratie führen würde.
Ausblick:
Es bleibt abzuwarten, wie sich diese offenbar hochpolitische Angelegenheit weiterentwickelt. Sicher ist lediglich, dass die Bundesregierung die Staatseinnahmen bei der Maut wohl „auf Teufel komm` raus“ erhöhen will und dabei auch vor einem rechtswidrigen Vorgehen nicht zurückschreckt.
 
Im Übrigen hat der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir am gestrigen Tage gefordert, die „neue Handwerkerregelung“ ebenfalls auf Garten- und Landschaftsbaubetriebe (GaLaBau; kein Handwerk) auszudehnen bzw. anzuwenden, da auch er hier eine unzulässige Ungleichbehandlung sieht.
Insofern bahnt sich offenbar gerade ein Streit zwischen Bundeslandwirtschafts- und Bundesverkehrsministerium zum Umfang der Geltung der „neuen Handwerkerregelung“ bei der Maut an.
 
Gleichwohl bleibt der BLU in dieser Sache für Sie weiterhin „am Ball“ und wird Sie selbstverständlich sofort informieren, wenn es Neuigkeiten gibt.

Pirko Renftel, Stand: 9. April 2024

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